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Für sinnvolles Handeln statt wildem Zukunftsbingo.

Seit Monaten bewegt uns kaum ein anderes Thema. Wir brauchen es nicht einmal beim Namen zu nennen. Bereits nach wenigen Wochen des #socialdistancing und #stayathome zeigt sich, dass dies ein Einschnitt in unser Leben ist, wie wir ihn bisher nicht kannten. Ein ultimatives Ereignis, das weltweit auftritt und weltweit Aufsehen erregt.


Die Unmöglichkeit der Prognose akzeptieren.

Immer wieder finden sich Momente in der Geschichte, auf die wir nicht vorbereitet sind. Diese seltenen, höchst unwahrscheinlichen Ereignisse, die „Schwarzen Schwäne“ der Geschichte” sind nicht prognostizierbar – auch, wenn es eine zutiefst menschliche Eigenschaft ist, im Nachhinein einfache Erklärungen zu suchen. Einbußen im Bruttoinlandsprodukt sind unvermeidlich –fast 30% nennt die OECD, andere Zahlen gehen von 2,8 bis 25% aus. Nicht nur der Chairman der Federal Reserve muss jetzt eingestehen, das keiner weiß, was kommt: „Die wirtschaftliche Perspektive verändert sich täglich, und hängt komplett davon ab, wie der Virus sich verbreitet, welche Maßnahmen umgesetzt werden, und wie lange es dauert. Und das ist etwas, das nicht vorhersehbar ist.”


Schrittweise machen, was machbar und hilfreich ist.

Es ist richtig, über die Chancen in der Krise zu sinnieren – und dazu auch motivierend, daran zu denken, dass nach der großen Pest die Renaissance kam mit einem Füllhorn von Innovation und Fortschritt. Dieses Ereignis ist zu allererst die Wiederkehr des Realen, das uns die Möglichkeit einer neuen, anderen Justierung eröffnet. Suffizienz statt unkontrolliertem Wachstum, Kooperation statt Konkurrenz. Auch im Marketing, das sein eigenes Spiegelbild oft fetischistisch angebetet hat.

Nur: im Moment und für dieses Jahr sind wir finanziell zerbrechlich wie selten zuvor – und deshalb eher im „Überlebens-Modus“, mit der Perspektive auf bleibende und eher zunehmende Unsicherheit. Erst im weiteren Zeitverlauf wird diese Verunsicherung stärker von Neuordnung, von Renaissance und „Re-Invention“ geprägt sein. Eine Phase, die dann zur neuen Normalität führt – mit neuen Spielregeln. Diese Phasen sind typisch in der Krisenbewältigung, Trauerarbeit oder Veränderungsprozessen und fast unabhängig von Theorie und Modell. Einige Agenturen wie BBH oder Grabarz & Partner haben dazu bereits Präsentationen veröffentlicht, die mit Szenarien und Beispielen inspirieren.


Gute Entscheidungen treffen im Jetzt.

Im aktuellen Survival Modus zu handeln, heißt natürlich, mit allen Maßnahmen die Liquidität zu stützen. Darüber hinaus zählt aber die menschliche Perspektive, denn die aktuelle Verunsicherung gilt es jetzt und künftig mitzudenken.

  1. Hilft es den Menschen?
  2. Stärkt es die Beziehung?
  3. Ist es erstrebenswert und inspirierend?

Wenn wir das in Bezug auf Kunden, Mitarbeiter und Partner fragen, bleibt noch die Frage, wie es zu ihnen gelangt. Hier kommt die Krise als Beschleuniger der Digitalisierung ins Spiel – denn es wird vermehrt auf digitale Optionen gesetzt werden.


Alles ist Reaktion auf Bedürfnis und Verhalten.

Die Krise beeinflusst, wie wir arbeiten, leben, reisen, kommunizieren. Und wie und was wir kaufen. Als Antwort auf #stayathome surfen wir mehr im Internet, sehen mehr fern, telefonieren, chatten und streamen mehr  Aber lesen auch mehr, treiben zuhause Sport oder gehen spazieren. Alles Wege, um auch mit wachsenden Ängsten umzugehen, die in den ersten Krisenwochen zugenommen haben – vor persönlich-finanziellen (+7%-Pkt.; 30% vs. 37%) oder gesamtwirtschaftlichen (+5%-Pkt.; 37% vs. 42%) Folgen, aber auch davor, dass z.B. Gastronomie und Kultur (+9%-Pkt.; 18% vs. 27%) aussterben.

Positive Maßnahmen integrieren aktuelles Wissen – und nehmen Bezug auf ad hoc verändertes Verhalten und neue Gewohnheiten. Verändertes unternehmerisches Handeln ist damit vor allem eine Antwort auf menschliche Bedürfnisse. Ein Marktforscher berichtete mir vom aktuellen Einkaufsverhalten – das sich zum Beispiel jetzt Kilopackungen von Gummibärchen verkaufen, die sonst eher Ladenhüter sind. Große bekannte Marken schaffen dazu Orientierung und Sicherheit. Alles Fremde und Neue wird es aktuell schwer haben.

Auf der Bedürfnispyramide ging es für den Shopping-Hamster der letzten Wochen in erster Linie darum, einfachste physische Bedürfnisse zu sichern. Wir sehen aber, dass alle weiteren Ebenen schnell ebenso präsent sind. Das in der Isolation zwischenmenschliche Kommunikation deutlich gewinnt. Das glaubwürdige Nachrichten und Informationen auch mentale Sicherheit schaffen, Wissenschaft einen neuen Stellenwert bekommt. Das Menschen gerade jetzt von Marken ein verändertes, gesellschaftlich verantwortungsvolles Verhalten erwarten. Rund 2/3 (65%) sehen ihre Kaufentscheidungen davon beeinflusst, dass Marken sich jetzt anders verhalten. Je nach Krisenphase unterschiedlich stark – 88% in China, 66% in Italien, 45% in Deutschland. Ganze 90% wünschen sich dazu, das Unternehmen partnerschaftlich mit Regierungen und Institutionen zusammen agieren im Kampf gegen die Pandemie.


Gute Beispiele als Inspiration – nicht als Blaupause.

Menschen suchen aktuell vor allem nach Verbindung, Produktivität, Möglichkeiten zu Lernen, das Wohlbefinden zu steigern, nach Zerstreuung und Unterhaltung und nach Nahrung die zur Situation passt. Der britische Kochbox-Lieferant Mindful Chef verzeichnet aktuell täglich 2.000 neue Kunden statt wie bisher 150, nicht nur die HelloFresh Aktie ist auf einem Höhenflug. Wenn wir das Haus nicht verlassen können, gilt es, das Nest so gut wie möglich zu gestalten. 

Zahlreiche Maßnahmen zeigen, wie man mehr schafft als nur gute PR-Stunts:

  • Stärkung von Produktivität und Verbindung – mit größeren Datengeschenken wie von Telekommunikationsanbietern an ihre Kunden.
  • kostenlose Information und Zerstreuung, wie die freien e-papers von Gruner & Jahr oder unzählige Webinare zu Themen wie Mediation, Yoga, Homeoffice-Hacks oder Programmier-Skills.
  • Hilfreiche Services für gefährdete Personengruppen – wie Lieferservices oder gesonderte Shopping-Zeiten
  • kollaborative Initiativen – wie #kochenfürhelden, der gemeinschaftlichen Aktion von Spitzengastronomen für Krankenhäuser.
  • Veränderungen in der Produktion – nicht nur LVMH hat von Parfum auf Desinfektionsmittel umgestellt, Bosch entwickelt einen Schnelltest, die Formel 1 produziert mit „Project Pitlane“ Atemgeräte.

Jetzt und morgen zusammen sehen.

Die Sicherung der unternehmerischen Basis bedingt trotzdem, auch den weiteren Zeithorizont im Auge zu behalten. Es ein wenig, als ob wir unseren Blickfokus kontinuierlich wechseln müssen – mal auf „nah“, mal auf die „Distanz“. Nur so behalten wir die Zeitfenster und Phasen im Auge – und nutzen auch die positive Motivation, die von ihnen ausgeht. Dieses „zoom in – zoom out Leadership“ ist eine Qualität, die wir jetzt entwickeln können.

Wir werden dabei auch Entscheidungen treffen müssen, die das Paradigma „Wachstum vs. Fortschritt“ lösen. Bleiben wir im alten Denken, indem sich vieles um mehr Geschwindigkeit und Wachstum dreht – oder entscheiden wir uns für inkrementellen Fortschritt in unserer vernetzten Welt, der anderen Kennzahlen folgt? Eine Entscheidung, die beinhaltet, neues Denken, Arbeiten und Handeln zuzulassen.


Anfreunden mit der Unsicherheit.

Statt wie von Ray Kurzweil prognostiziert in naher Zukunft die Singularität  die Vorherrschaft künstlicher Intelligenz zu erleben, wird es vorläufig ein hohes Maß an Parallelität in den Szenarien und Entwicklungen geben. In dieser Phase der Liminalität, dem Schwellenzustand zwischen alt und neu entsteht ein Raum, der von uns in seiner Mehrdeutigkeit einiges abverlangt. Alte Strukturen verschwinden und neue sind erst im Entstehen, wir müssen kontinuierlich neu denken und adaptieren.

„Become comfortable with being uncomfortable” ist ein Statement, das nicht nur den US Navy Seals zugesprochen wird – und formuliert gut, was jetzt zählt. Wir leben schon länger mit Verunsicherung und Uneindeutigkeit, die jetzt beschleunigt zu Tage tritt. Eine Art Stresstest in Realbedingungen. Diese Krise als Chance zur großen Transformation statt als „Great Depression“ zu sehen – das wird für viele erst möglich sein, wenn wir nicht mehr mittendrin stecken – sondern die ersten Meilen hinter uns liegen. Wir können aus diesem Ereignis gestärkt hervorgehen. Wirtschaftlich, gesellschaftlich, persönlich – indem sich unser System neu justiert und kontinuierlich anpasst. Wie der Herausgeber des britischen Magazin Dazed, Jefferson Hack, es in einem Interview erneut formulierte: „We’re all making it up as we go along“.

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